Durch meinen Tageskalender bin ich auf den schönen Bergsee gestoßen. Den Hintersee wollte ich schon seit langem einmal im Herbst fotografieren. Also den Wecker auf 4:00 Uhr klingeln lassen und die 2,5 Stunden auf nach Berchtesgaden.
Als ich ankam war die Dämmerung schon im Gange, also im Sprint an besagte Stelle. Dort war ich aber nicht allein - zwei andere Fotografen hatten die gleiche Idee wie ich. Ein kurzes: „Guten Morgen liebe Kollegen, darf ich mich zu Euch gesellen?“ wurde prompt mit einem freundlichen „Ja“ beantwortet. „ Ich gehe dann ein Stück weiter links von Euch“ war meine nächste Ansage. Nun ja, viele Möglichkeiten blieben nicht, wenn der sprichwörtliche Platz an der Sonne bereits vergeben war.
See - Berge - Nebel – Sonne – einfach zauberhaft!
Im Gepäck hatte ich neben meiner D800 auch die Sony Alpha 7RII zum Testen für diesen Tag dabei. Ich wollte gern wissen was der 42MP Sensor von Sony auf, bzw. im (dem) Kasten hat. Die technischen Aspekte möchte ich nicht aufführen, das kann Google besser beantworten.
Ich bin niemand, welcher Testcharts fotografiert. Für mich muss so eine Kamera im Feld Ihr Können beweisen.
Noch eins vorweg: dieses kleine Review spiegelt daher keine Labormesswerte wieder. Auch deshalb nicht, weil ich mit Sony bisher keine Berührung und daher keine Vergleichsreferenz habe. Auch die RAW Entwicklung spulte ich gezwungenermaßen mit einer neuen Software ab – Capture One Express (für Sony). Daher ergeben sich im Vergleich zur D800 keine Ergebnisse unter gleichen Bedingungen.
Die Erwartungen an den Pixelboliden waren hoch. Die ersten Shots im Morgenlicht noch als Safeshot mit der D800 absolviert, schnappte ich mir die Sony zwischendurch freihändig mit High ISO.
Weiter ging es am späten Vormittag im Zauberwald, einer Art kleinen Klamm, wo ich Langzeitbelichtungen mit der Sony probierte. Detailbilder, Pilze, Steinmännel mit Bokeh folgten, auch um den 5-Achsen Bildstabilisator zu fordern.
Die Nikon blieb ab dieser Zeit im Auto und für den Rest des Tages wurde die Alpha 7 mein Begleiter. Der zweite Akku musste nach ca. 300 Bilder getauscht werden, andernfalls wäre die Reise zu Ende gewesen. Die D800 lächelte im Auto nur müde darüber. :)
Zuhause in Ruhe die Bilder gecheckt - die jpgs sahen fantastisch aus! Aber das ist ja nicht mein Anspruch. Die RAWs sind die Königsklasse, also Konverter an. Hmm da war doch was: Lightroom möchte die aktuellste Version, ansonsten geht hier nichts. Die Adobe Politik des Leasing wollte mir bisher noch nicht gefallen, also musste eine Alternative her. Glücklicherweise bietet Phase One in Form von Capture One Express eine Freeware nur für Sony User an. Da war mein Glückstreffer, wenn auch in etwas abgespeckter Form zur Vollversion.
Das Interface brachte mich am Anfang zum Verzweifeln. Wo ist die Übersichtlichkeit von Lightroom? In Sessions abspeichern, pah! Nun gut, ich wollte ein Top Ergebnis, also blieb mir nichts anderes übrig als hier durch!
Die ersten ausgeladenen TIFFs sahen schärfe-technisch enttäuschend aus im Vergleich zu den jpgs Was war hier los? Meine Laune war im Keller! Adobe doch wieder Geld hinwerfen, das überholte Aperture von Apple installieren, das mickrige Sony Image Tool, welches sehr langsam war benutzen? Nö, Capture One musste dies nun ausbaden. Die Schärfe bekam ich dann doch noch gebacken. Aber irgendwie machten mich die D800 TIFFs mehr an!
Nach viel Herumprobiererei ließ ich es dann bei einem für mich guten bis sehr guten Bildergebnis, welches meine Erwartungen im Endeffekt doch nicht ganz befriedigte. Ich hatte mir etwas mehr versprochen von Sony´s Flaggschiff.
Viele werden mich steinigen, doch meine Meinung steht, wenn auch sehr subjektiv. Die Sony ist in Sachen Haptik, Auflösung, technischen Parametern sicherlich ein guter Wurf. Für mich aber nicht die Krone. Die 6MP mehr merkt man nicht wirklich. Der Bildstabilisator könnte aggressiver sein (ich habe ihn akustisch nicht wahrgenommen). Der Akku ist enttäuschend, sorry da muss Stand 2018 mehr kommen. Die Bildqualität kann ich nur bedingt final bewerten. Es gibt Bilder, da kommt der „Wow Effekt“, bei manchen sage ich „ganz okay“.
Fairerweise muss ich auch dazusagen, dass ein Standardzoom Carl Zeiss Vario Tessar FE 1:4 24-70mm ZA OSS im Einsatz war. Gut, die Lichtstärke ist nicht der Hit, aber man kann damit arbeiten. Die 24mm Brennweite hat mich in den Ecken nicht überzeugt, selbst mit Abblenden wurde es nicht besser. Ab 35-70mm kamen gute Bilder zustande. Gut möglich, dass mit besseren Festbrennweiten mehr herauszuholen ist, ich gehe fest davon aus.
Das Bokeh in harten Spitzlichter ist schlicht Mist, auch wenn es ein Zoomobjektiv ist. Mein Vergleich mit dem Rodenstock Proj. Trinar 1:3,5 10 cm (von 1936; 3 Linser; aus einem Bildwerfer entwendet) brachte hier softe und harmonischere Highlights zu Tage.
Man merkt auch manchmal dass hier Software viel ausmacht: meine Panasonic Lumix FZ 1000 hat das Problem der Spitzlichter ebenso. Sicherlich wird man dieses Extrem nicht immer haben und merken. Ich als Bokeh Fan reize es schon mal aus. :-)
Kleines Fazit:
Die Sony ist sehr gut. Die jpgs haben mich überzeugt, die RAWs eher nicht so. Da mir die interne jpg Verarbeitung nicht zugegen ist, und ich zu 99% RAW entwickle, bewerte ich nur diesen Aspekt. Der Unterschied ist aber schon deutlich sichtbar. In dieses Fazit muss natürlich auch der ungewohnte Umgang von Capture One berücksichtigt werden, was auch zu keinem 100% Urteil führen kann. Ebenso das Zoomobjektiv, welches sicherlich nicht die höchten Ansprüche befriedigen kann, die ich an Objektive generell stelle in dieser Preisklasse.
Ich bin jetzt auf jeden Fall eine Erfahrung reicher!
Apropos Capture One: die Tonalität und Brillanz, welche man mit nur wenigen Einstellungen erzielen kann, ist schon erstaunlich . Ich hatte das Gefühl die Verarbeitung reagiert sensibler und nicht so "überzüchtet" wie die Lightroom Konkurrenz. Hingegen die Bedienbarkeit war eine echte Umstellung.
Anyway, nutzt den Herbst, egal mit welchen Gerät!